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Andre Sluiter

Nachgedacht - Einsam


Ich gleiche dem Pelikan der Wüste, bin wie die Eule der Einöde. Ich wache und bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dach.“ Ps.102,7-8

Ich liebe das Bibelwort aus Hebräer 4, wo es heißt: „wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid zu haben vermag mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde“ (Vers 15). Warum? Weil es mir zeigt, dass jemand da ist, der Mitleid mit mir hat. Jemand, der auch versucht worden ist, in gleicher Weise wie ich. Jemand, der Lebensumstände kennt, der weiß, wie es sich anfühlt erschöpft zu sein oder unverstanden, verlassen, verzweifelt. Der existenzielle Bedürfnisse ebenso kennt wie seelische. Der alles durchlebt hat – um mich in meinen Umständen zu verstehen.


Der Herr Jesus hat über dreißig Jahre hier auf der Erde gelebt. Er war Kind, Jugendlicher und Erwachsener. Er hat, wie kein anderer, Schwierigkeiten und Nöte erlebt. Warum hat Er das getan? Zu meiner Errettung war das nicht nötig. Dazu diente allein Sein stellvertretender Tod am Kreuz! Also, warum hat Er das durchlebt? Eine Antwort ist ohne Zweifel die, die wir in dem Bibelvers oben finden. Indem Er hier auf der Erde versucht wurde, kann Er mit mir Mitleid haben. Er versteht mich! Nicht, weil Er Gott ist und alles weiß, sondern weil Er es als Mensch an Seinem eigenen Körper erlebt hat. Nur von der Sünde ist Er nie versucht worden, denn in Ihm war keine Sünde (1.Joh.3,5).

Nehmen wir die Einsamkeit. Ein Problem, das jeder von uns mehr oder weniger kennt, denn wer von uns war noch nie einsam? Manchmal vielleicht, weil man tatsächlich physisch allein war, ein anderes Mal vielleicht, weil die Menschen, die dich umgaben, dich nicht verstanden haben, du das, was dich bewegte, nicht teilen konntest. Nie allerdings wirst du einsamer sein als der Heiland in Seinem Leben hier auf der Erde. Wenn jemand sich mit Einsamkeit auskennt, dann ist Er es. Er war dieser Pelikan in der Wüste, der einsame Vogel auf dem Dach (Ps.102).


Ohne Zweifel war Er schon in Seiner Familie einsam. In Johannes 7 lesen wir, dass auch Seine Brüder nicht an Ihn glaubten (Vers 5). Das war sicher schon so, als Er noch ein Kind war. Sie verstanden Ihn nicht. Unter Seinen Brüdern war Er der Einsame. Auch Seine Eltern verstanden Ihn nicht. „Wusstet ihr nicht“, musste Er sie einmal fragen.


Das bewegt umso mehr, wenn man daran denkt, dass die Menschen des Ortes, in dem Er aufwuchs, Ihm gegenüber sicher feindlich gesinnt waren. Ich lese das aus einer Stelle in Lukas 4 heraus. Dort liest der Herr in der Synagoge in Nazareth etwas aus dem Propheten Jesaja vor und wendet das auf sich an. Mich erstaunt dann die Reaktion der Menschen, die mit Ihm aufgewachsen waren, die Ihn ganz sicher aus Nazareth kannten. Von Wut erfüllt stoßen sie Ihn zur Stadt raus und wollen Ihn von einem Berg werfen – Ihn umbringen. Hier entlädt sich die Wut, die sich über die Jahre angestaut hatte. Endlich die Gelegenheit, diesen frommen Jesus umzubringen. Wenn wir „draußen“ in unserer Umgebung Schwierigkeiten haben, dann erleben wir, wie wohltuend Familie ist – dahin zu kommen, wo ich verstanden werde, wo man auf unserer Seite ist. Ganz anders bei dem Herrn. Er kam nach Hause und „seine Brüder glaubten nicht an ihn“.


So ist es in Seinem Leben geblieben. Er begegnete in Seinem Erbarmen jedem Bedürfnis der Menschen, die Ihm begegneten. Er heilte, ermutigte, half weiter. Und das, obwohl Er wusste, dass diese Menschen später wie von Sinnen schreien würden „Kreuzige ihn!“. Sie waren in ihren Begegnungen mit Ihm nicht an Ihm selbst interessiert, sondern nur an Seiner Macht. Sie wollten Spektakuläres sehen, oder vielleicht selbst geheilt werden. Nur wenige schätzten, was Er tat. Von zehn geheilten Aussätzigen kam nur einer, um „Danke“ zu sagen. „Wo aber sind die Neun?“ Trotz der erfahrenen Gnade dachten diese nur an sich. Zu einer anderen Zeit lesen wir davon, dass Ihn viele Seiner Jünger verließen, weil sie Seine Rede nicht vertrugen (Joh.6,66). Man hört die Einsamkeit aus der Frage des Herrn an die Zwölf heraus: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“. Sie blieben, aber auch sie offenbarten Unverständnis und so war der Herr auch im Kreis der Menschen, die Ihn liebten, einsam.


Da sind beispielsweise Seine Jünger, oder das Haus in Bethanien. „Herr kümmert es dich nicht?“, fragte Martha Ihn. Seine Jünger drücken sich bei einer anderen Gelegenheit ähnlich aus: „liegt dir nichts daran, dass wir umkommen?“ Wie wenig kannten sie Ihn!


Einmal war Er mit Seinen Jüngern unterwegs und spricht zu ihnen von Seinen Leiden. Er würde überliefert, verspottet, geschmäht, angespuckt, gegeißelt und getötet werden (Lk.18). „Sie verstanden nichts von diesen Dingen.“ Zu einer früheren, ähnlichen Gelegenheit sprechen sie nach Seiner Leidensankündigung darüber, wer von ihnen der Größte ist (Lk.9). Er hatte auf Tröster gewartet, aber da waren keine! Er war wirklich einsam.


Je näher Er dem Kreuz kam, desto einsamer wurde Er. Judas, der Jünger, welcher den Herrn über Jahre begleitet hatte, welcher die ganze Liebe des Herrn erfahren hatte – ebenso, wie alle anderen Jünger, würde Ihn für lächerliche 30 Silberstücke verraten. Für den Herrn eine erschütternde Tatsache (siehe Joh.13,21). Seine engsten Vertrauten, Petrus, Johannes und Jakobus schlafen im Garten Gethsemane wiederholt ein. Dort, wo der Herr bestürzt und beängstigt war – betrübt bis zum Tod, in ringendem Kampf, in welchem Sein Schweiß wie große Blutstropfen zur Erde herabfielen! „Nicht eine Stunde vermochtet ihr mit mir zu wachen?“, fragt Er sie. „Ich habe auf Mitleid gewartet und da war keins, auf Tröster, und ich habe keine gefunden“ (Ps.69).


Als dann die Kriegsleute kamen, „verließen ihn die Jünger alle und flohen“ (Mt.26,56). Jetzt war Er ganz allein. Umgeben von Feinden! Im Hof des Hohenpriesters erlebt Er dann wie der Jünger, der kurz vorher noch seine Liebe zu Ihm bezeugt hatte, mit einem Fluch beschwört, dass er diesen Jesus nicht kennen würde. So ging Er dann einsam, Sein Kreuz tragend nach Golgatha, „wo sie ihn kreuzigten“. Vorübergehende lästerten, ebenso Hohenpriester, Schriftgelehrte, Älteste – ja sogar die, die mit Ihm gekreuzigt waren (Mt.27).


Niemand fragt nach meiner Seele“ (Ps.102). Und doch, einen Trost gab es. „Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir“, hatte Er Seinen Jüngern erklärt. Nie war diese Verbindung unterbrochen. Wie hat der Heiland das Miteinander mit dem Vater genossen! Um so dunkler und bedrückender dann dieser Ruf am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dort hing Er beladen mit meinen Sünden - zur Sünde gemacht. „Auf mir liegt schwer dein Grimm“, „Deine Zorngluten sind über mich hingegangen“ (Ps.88). Wer kann diese Einsamkeit in diesen dunklen Stunden fassen? Was für ein Heiland!


Bist du einsam? Keiner versteht dich so wie Er! Und eines bleibt immer wahr, egal wie einsam du bist: „du bist bei mir“ (Ps.23).


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