Seine sechste Aussage am Kreuz
Nachdem der Heiland den Essig genommen und damit die Schrift erfüllt hat, sagt Er: „Es ist vollbracht!“ Nur Johannes, berichtet davon. Der ewige Sohn Gottes spricht dieses Wort aus. Tetelestai – Es ist vollbracht, vollendet, ausgeführt, erfüllt, bezahlt. Im Griechischen nur ein Wort – doch was für eine Bedeutung! Das Wort aller Jahrhunderte. Der gewaltigste Siegesruf der Welt. Die ganze Menschheitsgeschichte umfassend, hallt es nach, bis in die Ewigkeit!
Ich denke über dieses Wort nach. Wie soll man dieses gewaltige Panorama an Bedeutungen in wenigen Worten zusammenfassen. Unmöglich!
„Es ist vollbracht!“ Ich denke dabei an Ihn! Als der Herr in Gethsemane war, stand Golgatha noch vor Ihm. Seine Seele war bis zum Tod betrübt. Bestürzung, Angst, Schweiß wie Blutstropfen, ringender Kampf angesichts dessen, was Ihn in den nächsten Stunden erwarten würde. Dann nahm Er den Kelch aus Gottes Hand. Er wusste, was alles über Ihn kommen würde. Er ging mit der festen Absicht, Gottes Willen durchzuführen in die schwersten Stunden Seines Lebens. Und jetzt? Jetzt war alles vorbei! Die grausamen Leiden an Körper, Geist und Seele durch die Menschen. Die furchtbaren Leiden im Gericht Gottes. Alle Leiden, die Propheten vorausgesagt haben (Lk.18,31). Alles vorbei – oder besser: Vollbracht! Was für eine Erleichterung für den Heiland, all das durchgestanden zu haben. Was für ein Gefühl, dieses Werk beendet zu haben. Der Tod, das Paradies, die Auferstehung – dann würde Er zum Vater gehen.
„Es ist vollbracht!“ Ich denke an Gott. Er hat Seinem Sohn dieses Werk gegeben. Er sollte es ausführen – und Er hat es ausgeführt! Vollkommen! So wie der Vater es wollte! Gehorsam! Nie wurde Gott so verherrlicht auf der Erde. Gerade dort, wo der Heiland zur Sünde gemacht wurde, wo Er das Gericht Gottes trug – gerade dort hat Er in Seiner Weihe und Hingabe Gott unendlich geehrt. Das Sündopfer und das Brandopfer wurden an der gleichen Stelle geschlachtet (3.Mo.6). „ein Feueropfer lieblichen Geruchs dem Herrn.“ (3.Mo.1,9). Er hat sich auf Gottes Altar gelegt. Er hat sich selbst geopfert. Ohne Flecken (Heb.9,14). Für Gott. „Tief befriedigt kann Er nun, Herr, in Deinem Opfer ruhn!“ (Paul Waltersbacher).
„Es ist vollbracht!“ Ich denke an die Menschen dieser Welt. Vor dem Kreuz hat der Herr einmal gesagt: „Ich habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muss, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist.“ (Lk.12). Jetzt ist diese Taufe vorbei. Der Herr ist nicht mehr beengt. Seine Liebe kann ungehindert zu allen Menschen fließen. Ganz gleich wie groß die Schuld ist, jetzt kann sie vergeben werden. Jedem Menschen steht der Weg zu Gott offen. Nur Umkehr und ein Bekenntnis der Schuld sind nötig. Mehr nicht! Dann fließt der gesamte, gewaltige Segen Gottes!
„Es ist vollbracht!“ Dabei denke ich auch an mich. Meine Sünden – alle gesühnt. Vergeben. Nichts ist mehr offen. Tetelestai – alles bezahlt. Und mehr als das. Jeder Segen Gottes, den ich bekommen habe, findet Seine Grundlage in diesem Werk. Ohne Golgatha – keine Segnung! Jetzt bin ich in Christus und in Ihm gesegnet mit jeder geistlichen Segnung (Eph.1). Ein unendlich reich gemachtes Kind Gottes! Mein Leben ist sicher! Meine Zukunft unglaublich herrlich!
„Es ist vollbracht!“ Was für ein Werk! Was für ein Ausruf! Was für ein Siegeszug! Ohne Golgatha wäre für keinen einzigen, der Abermilliarden Menschen aller Jahrtausende Beziehung zu Gott, Vergebung, Errettung möglich gewesen. Der Teufel wäre kein besiegter Feind. Kein einziger Segen hätte fließen können. Auf jeden Menschen hätte die Hölle gewartet. Das Weizenkorn wäre allein geblieben (Joh.12,24). Nie wäre Gottes Ehre auf der Erde wiederhergestellt worden. Und der gewaltige Ratschluss Gottes? Er wäre nicht ausgeführt worden. Wie unvorstellbar furchtbar anders wäre alles ohne Golgatha! Und jetzt? Jetzt sehe ich Ihn dort hängen und höre, wie Er sagt:
Es ist vollbracht!
Es ist vollbracht,
das große Werk, das schwere.
Gott ist gerecht, Ihm ward nun Seine Ehre
durch Seinen Sohn, der laut verkündet hat;
„Es ist vollbracht!“
Es ist vollbracht!
Was Gottes Liebe wollte,
was für den Sünder, den verlornen, sollte
zur Rettung und zum ew’gen Heile sein,
das ist vollbracht.
„Es ist vollbracht!“,
durchtönt’s die Ewigkeiten
zu Gottes Lob, zu der Erlösten Freuden;
sie danken Gott, sie beten Jesus an,
dass Er’s vollbracht.
Text: Jacques Erné (*1825 †1883)
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